Mittwoch, 30. November 2011

Der Mädchenschwarm, der nicht Justin Bieber heisst

Letzte Woche sah dich meine Tochter in der Innenstadt. Ganz aufgeregt war sie.

Schau Papa, dort ist Robin!
Komm, geh zu ihm und bitte ihm um ein Autogramm!

Zielstrebig läuft sie ihm, der mit seiner kleinen Familie unterwegs ist, hinterher. Papa muss behilflich sein. Gemeinsam gehen wir also auf ihn zu und erklären ihm die Bitte meiner Tochter.

Er ist sichtlich berührt, einen so jungen Fan zu haben.




Weisst du, ich habe ein Bild von dir in meinem Zimmer!
Oh, äh, das ist schön.
Er unterschreibt auf einem improvisierten Zettel.
Robin Adams, für dich, liebe Aenne.

Sie dürfte wohl der jüngste Fan sein.
Er schmunzelt und blinzelt mir zu.

Bald werden wir dich wieder auf der Bühne live erleben.
Wir freuen uns auf dich!
Und, natürlich: Aenne freut sich sehr auf dich :-)!

Dienstag, 29. November 2011

Hände, die sich berühren (XIII)

Wie soll die Geschichte weitergehen?
Die beiden beginnen mich langsam zu nerven. Da ist viel Defensives, Abwartendes, Ungenanntes. Das muss sich ändern.
Also stelle ich mir vor:

Auf der Baustelle ist ihm in den Sinn gekommen, dass sie anlässlich ihres letzten Telefonats allerlei erzählt hatte, so auch dies, dass sie es liebe, sich .zwischen den Beinen zu rasieren, wenn sie einem Mann gefallen wolle. Er ist am Telefon nicht darauf eingegangen, weil es ihm irgendwie die Sprache verschlagen hatte. Er hörte bloss zu, sagte aber dann wie beiläufig in einem Nebensatz: ich mag es sehr, wenn Frauen......ich meine, wenn Frauen sich frisch machen. Beinahe wäre er ins Stottern geraten, ein Glück, dass sie ihn nicht durch das Telefon sehen konnte, wie er rot im Gesicht angelaufen ist. Diese kleine Episode trieb ihn fortan an, und er malte sich nun allerlei Phantasien aus. Und dann, nachdem er einem Schreiner auf der Baustelle diverse Aufträge mit auf den Weg gegeben hatte, packte ihn ein Verlangen. Er wollte sie einladen, am liebsten sofort, zu einem gemeinsamen Wochenende. Er kramte sein Handy aus der Tasche hervor und stellte ihre Nummer ein.

Gute-Nacht-Lied

Nostalgie? Ja.
Weit und breit kein Justine Biber :-).

Lebenswege

















Das Leben folgt nicht immer einer klaren und durchwegs logischen Spur. Manchmal sind Umwege in Kauf zu nehmen, um zu sich selbst zu kommen. Oder man landet für eine Zeit lang in eine Sackgasse und befürchtet, den Ausgangspunkt nicht wieder zu finden. Freiheit bedeutet immer auch Verantwortung für sich und sein Leben zu übernehmen. Wer frei ist, kann sich verfahren, kann Unfälle bauen, die Orientierung verlieren, die Richtungen verwechseln, die falsche Autobahnausfahrt nehmen, sich als Geisterfahrer betätigen und dergleichen mehr.

Freiheit hat ihren Preis. Und der kann manchmal hoch sein.

Wer demgegenüber im selbst gewählten goldenen Käfig sitzt, muss sich diese Fragen kaum stellen, die Hinweistafeln nach West, Süd, Ost und Nord mögen ihn nicht gross beschäftigen. Manchmal vielleicht sehnt sich der gefangene Vogel nach Freiheit, nach der Möglichkeit, Richtung Süden zu fliegen. Aber der goldene Käfig behagt ihm, trotz allem. Er arrangiert sich.

Unfreiheit hat ihren Preis. Und der ist hoch, zu hoch für meinen Geschmack.

Wohin des Weges? Ich weiss es nicht immer. Wer die eine Richtung wählt, muss zwangsläufig auf die andere verzichten. Es fällt mir zeitweise schwer, mich entscheiden zu müssen. Doch wer nicht entscheidet, wird zum Spielball der Umstände.

Das Ziel, es selbstbestimmtes und damit emanzipiertes Leben zu führen, ist anspruchsvoll, oftmals mühselig, anstrengend. Doch es gibt realistischerweise keine valable Alternative, die dem Leben und seinen Möglichkeiten gerecht würde.

Samstag, 26. November 2011

Begierde

Gefunden bei Sartre (in: das Sein und das Nichts, Reinbek 1974, S. 507)

Begierde ist der Fleischwerdungsversuch des Bewusstseins. Und: Ich werde zu nichts als heisser, feuchter Haut.

Kann man es treffender formulieren?

Schneefall...

Ich will endlich Schnee haben, tonnenweise.
Will durch verschneite Landschaften Langlaufen gehen,
einen Schneemann mit meiner Tochter bauen,
versehen mit einer grossen Nase und einem warmen Halstuch.
Und durch den hohen Schnee stapfen und
klirrende Kälte um mich spüren,
auf zugefrorenen Seen Schlittschuhlaufen.
Immer wieder umfallen dabei,
Dein Lachen dazu.
Und dann, in einer kuschelig warmen Hütte,
will ich deinen warmen Körper spüren.

Freitag, 25. November 2011

Monogamie (I)

Wer die Monogamie zur absoluten Tugend erklärt, will herrschen. Das damit einhergehende Argument der Liebe oder Treue ist unter dieser Prämisse blosser Vorwand und schlechte Maskerade.

Ich werde später auf dieses Thema zurückkommen.

kurz vor dem Einschlafen

Donnerstag, 24. November 2011

Die Zeit verrinnt

Und wieder habe ich dieses schale Gefühl, dass die Zeit schlicht davonrast. Sie verrinnt, macht sich auf und davon. Schon ist wieder Donnerstagabend, das Wochenende steht vor der Türe, um bald wieder doch nur den Montag einzuläuten. Dieses absurde Gefühl, ganz Grundlegendes zu verpassen, Chancen nicht als solche zu erkennen, blind durch die Gegend zu laufen und dabei Manches, das es zu entdecken gäbe, nicht zur Kenntnis zu nehmen. Besonders nachts kann mich dies in schlaflosen Momenten schlicht zur Verzweiflung bringen, vor allem auch dann, wenn die Kirchenglocken gnadenlos jede Viertelstunde akustisch zu Protokoll geben.

Nichts ist für mich so geheimnisvoll und bedrohlich zugleich wie die Zeit, die uns für einen kurzen Lebensmoment geschenkt wird.

Mittwoch, 23. November 2011

Das Fleisch, das schwach wird

Flieh, das Fleisch wird schwach, heisst es sinngemäss an einer Stelle in Dürrenmatts Besuch der alten Dame. Gibt es jedoch nicht Momente, wo es stimmig ist, dass das Fleisch schwach wird, so dass bei dieser Konstellation nur noch der pure Augenblick zählt und eine Flucht letztlich eine Flucht vor sich selbst ist?

Dienstag, 22. November 2011

Hände, die sich berühren (XII)

Sie lernen, sich auf ganz behutsame Art näherzukommen, mit allen Rückschlägen, die dabei unausweichlich sind in Form von Missverständnissen und Fehltritten. Es sind kleine Gesten, Andeutungen, Blicke, die sie in ihrem Annäherungsprozess weiterbringen und ihnen Raum öffnet für allerlei Wagnis. Und ihre Hände berühren sich gar, wollen sich nun nicht so schnell wieder voneinander trennen. Er wagt es gar, sie dabei sanft zu streicheln. Noch herrscht der Kopf vor, beide wollen die Kontrolle nicht verlieren. Aber es scheint, dass ihre Herzen viel weiter sind, sie haben etwas erkannt, wovor ihr Intellekt noch weit davon entfernt ist. Das Wettrennen zwischen Kopf und Herz ist nun definitiv eröffnet und in vollem Gang.

Montag, 21. November 2011

Gute-Nacht-Lied

Ach Gott, was für ein schöner Kitsch! Und schon so verdammt lang her....

Hände, die sich berühren (XI)

Dieses Hin und Her von Nähe und Distanz macht ihn ungeduldig, unsicher und zusehends unwirsch. Aus einem "ich vermisse dich" folgt kurz darauf "hab keine Zeit, bin furchtbar im Stress". Er weiss nicht, was er damit anfangen soll und denkt sich: einfach ignorieren, ich stelle mich tot und überhaupt: ich renn dir nicht nach.

Dabei hat sie einfach irrsinnig Angst, ja Panik vor Nähe, weil sie Nähe als Quelle grosser Verletzungen fürchtet und auch erlebt hatte. Doch sie muss auch lernen, dass es keinen Sinn macht, gemachte Erfahrungen in die Gegenwart und Zukunft projizieren und damit zur Gesetzmässigkeit erklären zu wollen. Wir laufen sonst Gefahr, Gefangene unserer konstruierten Wirklichkeit zu sein bzw. zu werden.

Sonntag, 20. November 2011

Hélène Grimaud spielt Mozart

Auch ihr kann ich stundenlang zuhören, wie sie Mozart in die Länge zieht, den Bogen weit ausspannt und der Melancholie den Raum weit öffnet, beinahe bis zur Unerträglichkeit.

Und wenn ich im Wald joggen gehe und dein Klavierspiel im Ohr habe, kann ich rennen und rennen und rennen - ohne Pause und scheinbar ohne Schmerzen. Und wenn es doch schmerzt, so ist es deine Interpretation von Mozart, die so leichtfüssig und genial zugleich daherkommt.

Hände, die sich berühren (X)

Aus Berlin, anlässlich seines Kongresses, schickt er ihr täglich eine sms. Es sind kurze Texte über seine aktuelle Befindlichkeit. "Es ist verdammt kalt in Berlin, es wäre schön, mit dir auf dem Prenzlauer Berg in einer alten Kneipe zu sitzen", oder: "bin müde, vermisse dich", weiter dann

"würde gerne Arm in Arm mit Dir der Spree entlang laufen".

Er hütete sich davor, "Hand in Hand" zu schreiben, das schien ihm zu intim und irgendwie nicht mehr ganz passend zu seinem und ihrem Alter. Arm in Arm, das klingt wohl nach Nähe und Freundschaft, aber auch nicht nach mehr. "Hand in Hand", das hat schon etwas Verbindlicheres, Intimeres, wer Hand in Hand spazieren geht, mag Erwartungen haben, wer jedoch bloss Arm in Arm in der Grossstadt herumzieht, signalisiert gleichzeitig auch Abstand.

Das schien ihm angemessen.
Und er hütete sich auch davor, den verliebten Teenie spielen zu wollen. Das wäre ihm allzu lächerlich vorgekommen.

Die Antwort kam prompt. "Ja, das wäre schön".

Samstag, 19. November 2011

Beygairat Brigaden

Provokation gehört zur Kultur. Kultur soll provozieren, wachrütteln, Tabus brechen und dabei durchaus die Schmerzgrenzen ausloten. Wer Kunst betreibt, darf anecken, ja oftmals ist es ein Gebot der Stunde. So wie es Aliaa Magda Elmahdi mit ihrem Blog in Ägypten tut.

In Pakistan, so habe ich gelesen, sorgt ein Videoclip für rote Köpfe, nein: für grosse Aufregung. Drei Musiker haben auch hier bewusst den Weg der gezielten Provokation gewählt. Sie nennen sich "ehrlose Brigade" in Anspielung an die sog. "Ehrenbrigaden", welche in Pakistan von Fundamentalisten eingesetzt werden, um den Leuten ihre "Tugenden" näherzubringen, sprich: um sie in ihrem Sinne umzuerziehen und dabei Angst und Schrecken verbreiten. In Pakistan werden Menschen von selbsternannten Gerichten abgeurteilt und hingerichtet, Frauen terrorisiert, Liberale verfolgt, die Meinungsäusserungsfreiheit geknechtet. Und mitten in diesem Klima der Angst und des Schreckens erheben drei junge Männer ihre Stimme, provozieren die Fundamentalisten aufs Blut und riskieren in letzter Konsequenz ihr Leben. Mit bissiger Ironie entblössen sie -auch hier- die Absurdität und Verlogenheit fundamentalistischer Anschauung und Praxis. Und wie in Ägypten treffen sie dabei den zentralen Nerv des herrschenden Unbehagens in ihrem Land und ihrer Gesellschaft. Hut ab!

Valentina Lisitsa

Stundenlang kann ich ihr zuhören, wie sie mit ihren Händen über die Tasten schwebt und jeden Ton zu einem Hörgenuss macht. Treffsicher landen ihre Finger dort, wo sie landen müssen. Es ist nicht bloss die Technik, die es ausmacht, es ist auch ihr Gefühl für den Klang und das Werk an sich, das sie souverän und mit grandioser Hingabe interpretiert.

Samstagabend

Es tut verdammt gut, an einem Samstagabend einfach einmal "frei zu haben". Nichts tun zu müssen, keine Einladungen annehmen, kein smalltalk führen müssen, kein Konzertbesuch, einfach nichts.

Stattdessen: die Ruhe der Räume geniessen, lesen können, das Kerzenlicht wahrnehmen, im warmen Vollbad für einen Moment die Spiessigkeit des Alltags vergessen, später dann ein kleines Abendessen ganz für mich allein einnehmen (endlich), nicht immer reden müssen über dies und das, keine Erwartungen, keine Fragen, keine Anschuldigungen, keine Blicke, die alles und auch nichts bedeuten können.

Samstagabend, und es ist nichts los.

Liebe kommt, Liebe geht

Ich stelle mir vor:

Und als er das Rascheln der Herbstblätter unter seinen Füssen vernahm, dabei die nach Laub und nassem Holz riechende Luft tief einatmete und die lieblichen Sonnenstrahlen auf seiner Haut verspürte, genau in jenem Augenblick wusste er, dass er sie nicht mehr liebte. Es tat ihm weh, dies feststellen zu müssen, doch es gab keine Ausreden mehr, diese Tatsache weiterhin verneinen zu wollen.

Liebe kommt, Liebe geht. Es fiel ihm schwer, dies einzuordnen, die Gründe zu nennen und zu erklären, was letztlich nicht zu erklären ist.

Fragen in einer Beziehung

Es ist ein substanzieller Unterschied, ob in einer Beziehung gefragt wird
  • "wann sehe ich dich wieder?" oder
  • "wann sehen wir uns wieder'?"
Ersteres ist tendenziell devot, in jedem defensiv und erinnert an eine Bittschrift (was auf mich abstossend wirkt), letzteres zeugt demgegenüber von Gleichberechtigung, sprich von auf-gleicher-Augenhöhe.

Freitag, 18. November 2011

Gute-Nacht-Lied

Aliaa Magda Elmahdi: Nachtrag

Nein, es kann nicht daran liegen, dass die Frau sich nackt abbildet: dies allein vermag nicht zu erklären, weshalb so viele Menschen (aktuell weit über 2,7 Mio. Klicks innert weniger Wochen) ihren Blog besuchen. Nacktheit im Internet ist ja keine Besonderheit, es wimmelt ja von einschlägigen Seiten, die weit über "blosses Nacktsein" hinausgehen. Viele (arabische) Männer fühlen sich offenbar nur deshalb provoziert durch diese Frau, weil sie sich in schlichter Pose nackt ablichten lässt. Denn wer bloss nackt daherkommt, transportiert Unschuld, und es beunruhigt, ja alarmiert offensichtlich viele Männer, wenn sie sich von der Unschuld (sexuell) provozieren lassen.

Oder ganz schlicht gesagt: der Hund wird zwingend bellen, wenn man ihm auf den Schwanz tritt.

Nachtrag (19.11.)
2'495 Seitenaufrufe für meinen letzten Beitrag: Nacktheit als Renner im Zeitalter der omnipräsenten Sexualität im öffentlichen Raum.

Aliaa Magda Elmahdi

Es gibt Blogs, die viele Leserinnen und Leser anzuziehen vermögen - aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Und es gibt offensichtlich Blogs, da genügt ein Beitrag mit Nacktaufnahmen, und schon werden jede Sekunde neue Besucher registriert. Und es werden dabei mehr und mehr.

Ich habe diesen Blog auch besucht, und ich muss sagen: gut gemacht. Vor allem, wenn man sich die Mühe gibt, den Hintergrund bzw. die Motivation der Schreiberin in Erfahrung zu bringen. Die junge Bloggerin stammt aus Ägypten, studiert Kunst und betreibt mit ihrem Blog nach eigenen Worten ein "Tagebuch einer Rebellin". Mit ihren Bildern will sie gegen die bigotte ägyptische Gesellschaft protestieren, die von Sexismus, Gewalt, Rassismus und mancher Heuchelei geprägt sei.

Indem sie sich auf ganz triviale Weise nackt zeigt und damit empörte Reaktionen namentlich ihrer männlichen Landsleute provoziert, demaskiert sie deren Verlogenheit. Die Bloggerin hat viel Zivilcourage, versteckt sich nicht hinter einem imaginären Namen, sondern zeigt sich frank und frei. Und riskiert damit einiges, ja viel. Bis jetzt hat sie nur einen einzigen Beitrag veröffentlicht - ich hoffe, es bleibe nicht allein bei diesem.

Ich ziehe den Hut vor soviel Courage. Solche Menschen braucht es - nicht nur in der arabischen Welt.

Nachtrag
Drei Stunden nach Veröffentlichung dieses Beitrags haben bereits rund 1'000 Personen (und es werden stündlich mehr) hier vorbeigeschaut. Ich frage mich, woher diese Faszination für diese Frau kommt. Ist es blosser Voyeurismus? Oder echtes Interesse an der Sache selbst?

Mittwoch, 16. November 2011

Gute-Nacht-Lied

Hände, die sich berühren (IX)

Heute haben sie sich wieder getroffen. Er wird am Donnerstag an einen internationalen Architektenkongress teilnehmen, weshalb er sie zu einem kleinen Umtrunk in einem schönen Restaurant eingeladen hat. Sie haben es gut miteinander, sie reden viel, doch lassen sie jenes Schweigen nicht zu, das nur dort zum Tragen kommt, wo es verstanden wird. Ihre Hände berühren sich wiederum nach einer Weile für wenige Sekunden, es sind sanfte Berührungen. aber beide wagen es nicht, die Hand des anderen fest zu halten. So geht die Plauderstunde weiter, bis er aufbrechen muss, um zu packen und sein Flugticket noch ausdrucken. Am Schluss umarmen sie sich wieder, als würden sie in wenigen Sekunden ganze Momente kompensieren wollen, die sie nicht gemeinsam durchlebt hatten. Und wie durch ein Wunder begegnen sich ihre Lippen für einen kurzen Moment, beinahe Kindern gleich, die sich zum ersten Mal auf dem Schulhausplatz herzklopfend küssen und dabei eine neue Welt für sich entdecken.

Montag, 14. November 2011

Ausgelaugt

Es liegt nicht am Wetter, dass ich heute das Gefühl des Ausgelaugtseins wieder verspüre, obwohl ich einen guten Tag hatte. Der mentale Zustand als Achterbahn. Möge es morgen wieder etwas stabiler sein.

Sonntag, 13. November 2011

Gute-Nacht-Lied

Sex da und dort

Ein Plädoyer für die Ehe? Man müsste natürlich den Gehalt der zitierten Studien näher überprüfen, aber interessant scheinen mir die Ergebnisse jedenfalls zu sein - ohne hier zu diesem Zeitpunkt ein Urteil abgeben zu wollen.

Samstag, 12. November 2011

Versunken in Empfindungen

Brief des 16. Juni von Werther zur ersten Begegnung mit Lotte:

Wir traten ans Fenster. Es donnerte abseitwärts, und der herrliche Regen säuselte auf das Land, und der erquickendste Wohlgeruch stieg in aller Fülle einer warmen Luft zu uns auf. Sie stand, auf ihren Ellenbogen gestützt, ihr Blick durchdrang die Gegend, sie sah gen Himmel und auf mich, ich sah ihr Auge tränenvoll, sie legte ihre Hand auf die meinige, und sagte - Klopstock! - Ich erinnerte mich sogleich der herrlichen Ode, die ihr in Gedanken lag und versank in dem Strome von Empfindungen, den sie in dieser Losung über mich ausgoss.

Werther musste wohl deshalb scheitern, weil die Welt nicht aus blossen Empfindungen funktioniert.

Hände, die sich berühren (VIII)

Er spielt den Beleidigten, weil er, aus seiner Sicht, in einem gewissen Sinne von ihr zurückgewiesen wurde. Nun ziert er sich. Aber auch: er hat Angst, sich in Gefühlen zu verlieren, die nicht auf ein entsprechendes Echo stossen. Also im Endeffekt: Liebe ohne Gegenliebe. Das erinnert ihn an sein Architekturbüro, wonach jede Leistung von ihm auch einer Abgeltung bedarf. Dann denkt er sich auch: Liebe ist bedingungslos da, sie lebt von der Freiheit und darf hoffen, aber niemals Erwartungen hegen. Und sie? Sie lädt ihn zu sich nach Hause ein, Plauderstunde im Wintergarten, er wird über Architektur sprechen, sie wird ihm die jüngsten Tendenzen aus der zeitgenössischen amerikanischen Literatur beschreiben. Und dann, gegen 22 Uhr, wird sie ihn daran erinnern, dass bald der letzte Zug fährt. Und er wird, natürlich, keine Anstalten tun, Sitzleder zu entwickeln, er wird mit einem gewissen Trotz aufstehen und ihr eine gute Nacht wünschen und sich davor hüten, sie zum Abschied zu umarmen, nein, das wäre aus seiner Sicht nicht situationskonform. Ein Küsschen links und rechts soll vollends genügen.

Donnerstag, 10. November 2011

....wenn wir uns selbst fehlen.....

kurz vor dem Einschlafen ruft mir Werther zu:
Wenn wir uns selbst fehlen, fehlt uns doch alles.

Wer wollte da ernsthaft widersprechen?

Gute-Nacht-Lied

Ich mag dieses wunderbar traurige Lied. Es wird mich sanft in den Schlaf wiegen.

Der junge Werther in uns

Mit 20 mag man sich wie Werther vollends in Gefühlen verlieren, man verliebt sich schrecklich in eine Person und schwärmt nur noch, ach, die Schmetterlinge im Bauch!

Und dann, mit 30, 40 und darüber hinaus? Legen wir unseren Werther beiseite, weil es peinlich sein könnte, ihn weiterhin auszuleben? Je älter, umso kopfgesteuerter, vernünftiger? Und das hiesse: man tastet bei einer neuen Bekanntschaft mit angezogener Handbremse ab, man wägt sorgfältig ab und glaubt, dass die Gefühle gewissermassen nachgeschoben werden, wenn wir glauben, dass das Gegenüber nach zerredeten Runden zu uns passen könnte - allenfalls und mit Vorbehalt. Was sich dahinter verbergen könnte: vielleicht die Angst, wie Werther verletzt bzw. enttäuscht zu werden. Und vielleicht auch dies: die Befürchtung, von seinem näheren Umkreis wie ertappt zu werden nach dem Motto: ach, mein Lieber, was für ein Schwärmer du doch in deinem Alter noch bist! Und dann schauen wir beschämt in den Spiegel und murmeln nur noch im Selbstgespräch: Mensch, wann wirst du erwachsen?

Ja, lieber Werther. Wie lange kann man dich ertragen?
Man könnte jetzt auch einwenden: Werther? Nein, niemals, nicht mal mit 20!
Und doch, bei allerlei Schwärmerei, die von ihm ausging: er ist mir sympathisch geblieben.

Mittwoch, 9. November 2011

Gute-Nacht-Lied

Genau die richtige Musik, um vor dem Einschlafen herunterzufahren.

Kontrollzwang

Was ich nicht ausstehen kann nebst neureichen Idioten:

Leute, die unter Kontrollzwang leiden, die mich bedrängen und alles wissen wollen, wo und wann und wie lange ich mich mit wem getroffen habe und am liebsten all meine emails und sms zu Gesicht bekämen. In solchen Konstellationen kommt mir meine Mutter in den Sinn, die ähnlich tickte. Logisch, dass ich heute in analogen Situationen sehr empfindlich reagiere und nur noch eines will:

fortrennen, so schnell wie nur möglich.

die Neureichen von Zürich

Ich kann sie nicht ausstehen, jene Neureichen namentlich von der sog. "Goldküste", sprich: Zürichsee rechtes Ufer. Mein Vater stammte auch aus dieser Gegend, nur war das dort mit dem Reichtum damals anders als heute. Man hatte Geld, sprach aber nicht darüber. Man trug die Kleider aus und kaufte nicht alle Wochen eine neue Garderobe, und Champagner trank man auch an Silvester nicht, da musste Weisswein (vorzüglich aus dem Waadtland) genügen. Man engagierte sich in zahlreichen Vereinen, man war grosszügig, aus Prinzip, man unterstützte da und dort, nicht nur im kulturellen oder sozialen Bereich. Und die Kinder gingen selbstverständlich in die Volksschule, zu Fuss, und man achtete darauf, dass sie keine Allüren annehmen, nur weil sie in einer 8-Zimmer-Villa mit direktem Seeanstoss aufwuchsen.

Heute sind viele aus dieser Gegend schlicht debil geworden, sie haben einfach nur Geld, aber längst keinen Geist mehr. Und sie glauben, ihre Kleinkinder ins Frühchinesisch schicken zu müssen, weil das ach so toll und klug und überhaupt,,, ist. Und sie müssen ihren Reichtum zur Schau stellen, diese Neureichen, die nicht wissen, was Arbeit ist und im Büchergestell den Goethe und Schiller bloss zur Dekoration ausstellen.

Vom Lebenskompromiss

Nochmals und allenfalls akzentuierter als bisher:

Manchmal wiegt er schwer, der Lebenskompromiss. Manchmal zerrt er an mich und lässt mir keine Ruhe mehr, im übertragenen als auch im tatsächlichen Sinn gemeint. Wer den Lebenskompromiss lebt - und ich gehe davon aus, dass dies viele tun, ach, ich brauche nur mein näheres Umfeld genauer anzuschauen - weiss, wovon ich rede. Wer ihn lebt, wählt in erster Linie die Bequemlichkeit. Er gibt sich mit dem Mittelmass zufrieden, ganz nach dem Motto: ach, mehr liegt für mich ohnehin nicht drin. Aber auch, weil er glaubt, es gebe keine Alternativen zu seinem Kompromiss, und wenn es solche gäbe, wären die damit einhergehenden Veränderungen bezüglich Umfeld, Gewohnheiten etc. zu mühsam, zu unsicher, ja ja, man hat schliesslich seine Rituale, lebt in seinem Alltagstrott. Wer wählt schon den unsicheren Weg, vor allem, wenn man nicht mehr 30 oder 40 ist? Und darüber hinaus auch noch verheiratet ist und sich im Gestrüpp des goldenen Käfigs wiederfindet?

Ich weiss sehr wohl: der Lebenskompromiss macht uns letztlich krank, schleichend krank. Es sei denn, man habe ihn ganz internalisiert bis zur Unkenntlichkeit, bis man letztlich tatsächlich glaubt, so, wie man lebt, wolle man leben.

Was für ein Lebensselbstbetrug.

Dienstag, 8. November 2011

Don Giovanni und die Frauen

Warum können wir Frauen ohne Don Giovanni anscheinend nicht leben, fragt sich D. Dörrie, welche an der Staatsoper Hamburg für die jüngste Inszenierung des hinlänglich bekannten Stoffes aufkam.

Nun dann, was meinen die Frauen dazu?

Gute-Nacht-Lied

Hände, die sich berühren (VII)

Er hütet sich davor, weitere Avancen (weitere? hat er überhaupt welche gemacht, diese Frage stellte er sich in seinem Architekturbüro, als er dabei war, ein modernes Badezimmer zu entwerfen) zu machen, nein, er wird das Gegenteil tun, nämlich: den Rückzug antreten. Sie will Distanz, also soll sie Distanz bekommen.

Indem er sich zurückzieht, so hofft er insgeheim, würde er sie aus der Reserve locken, sie zwingen, sich über ihre Prioritäten Gedanken zu machen. Aber er versteht auch, dass sie ihr nett eingerichtetes Leben doch nicht wegen eines zufällig herbei gelaufenen Mannes über den Haufen werfen will. Was möchte sie aber wirklich? Vielleicht, so beginnt er zu spekulieren, will sie bloss -aber immerhin!- ab und zu auf ihre Kosten kommen, sich hingeben können, ganz Frau sein. Der Gedanke scheint ihm nicht ganz abwegig zu sein.

Montag, 7. November 2011

Gute-Nacht-Lied

Voller Terminkalender

Man kann sich hinter Terminen gut verstecken bzw. verschanzen. Um sich einzubunkern, verplant man am besten sein Leben, der volle Terminkalender – namentlich für das Wochenende – beruhigt und trägt, scheinbar paradox, vorzüglich dazu bei, Distanz einzunehmen zum wahren Leben, das da wäre: Risiken einzugehen und Verbindlichkeiten, kurz: Nähe zuzulassen. Wer Nähe zulässt, läuft, natürlich, per se Gefahr, verletzt und enttäuscht zu werden. Also lässt man es lieber sein.

Bei alldem spielt das bisher Erlebte eine entscheidende Rolle, man glaubt, die Zukunft daran zu erkennen, dass man die bisherigen Erfahrungen in sie projiziert, einer scheinbaren Gesetzmässigkeit gleich. So wird das Leben zu einem konstruierten und permanenten déjà-vu, das gar keinen Raum zulässt für neue Erfahrungen. Der Zyniker in uns kommentiert dies salopp mit den schlichten Worten: es ist, wie es ist

Nähe-Distanz

Nebenbei notiert:

Pendelbewegungen zwischen Nähe und Distanz können anstrengend sein. Kaum ist Raum für Nähe geschaffen worden, kommt die nächste Pendelbewegung und macht, temporär zumindest, das zunichte, was kurz zuvor noch möglich war. Zu wünschen wäre, dass das Pendel so eingestellt werden kann, dass die zeitlichen Zwischenräume zwischen den einzelnen Bewegungen Raum zulassen, und seien dies bloss da, um tief durchatmen zu können.

Sonntag, 6. November 2011

Ein Lied zum Sonntagabend

Jetzt ab in die Badewanne, und dazu etwas Kitsch für die Seele.

Paula

Ich habe zeitweise komische Anwandlungen.

Vor ein paar Tagen musste ich intensiv an meine erste Kinderliebe denken. Paula, so hiess sie, ging in die gleiche Klasse wie ich, in die erste Klasse. Blonde Zöpfchen, blaue Augen, ich sehe noch genau, wie sie mir jeweils zuwinkte, als ich sie auf dem Schulweg abholte. Ich hatte immer Herzklopfen, wenn ich in ihrer Nähe war, und bald tauschten wir harmlose Küsschen aus. Wir spielten viel zusammen, auf dem Pausenhof, bei uns zu Hause, auf dem Spielplatz. Ich weiss noch genau, wo sie wohnte, ich sehe das Haus noch exakt vor mir, ihr Zimmer, alles. Später haben wir uns aus den Augen verloren, keine Ahnung, was aus ihr geworden ist. Gerne wüsste ich es, weshalb, weiss ich auch nicht.

Vermutlich kommt darin eine Sehnsucht nach kindlicher Unschuld zum Ausdruck, eine Sehnsucht auch nach Unbeschwertheit und im-Augenblick-leben-können. Sehnsucht auch nach der verlorenen Kindheit.

Samstag, 5. November 2011

graues Wetter

Na ja, es gäbe ja auch Alternativen. Ich wünsche all jenen, die das Glück haben, demnächst in den Urlaub zu fahren bzw. zu fliegen, viele schöne Momente.

Ratlosigkeit

Das sture Gesumme einer dicken Fliege an der oberen Fensterscheibe reicht aus, dass ich verzage. Aber ich stehe nicht auf, um das Fenster zu öffnen; die Stille wäre genau so öde. Und wenn das Telefon klingelt, lasse ich es klingeln.
Ich bin nicht da.
Ich weiss nicht, was los ist.

Max Frisch, Entwürfe zu einem dritten Tagebuch, Suhrkamp 2010, S. 16

Wie die Geschichte der sich berührenden Hände weitergeht, weiss ich noch nicht. Ist ihnen ein Happyend zu gönnen? Nein, da bin ich vorerst skeptisch, zumal beide immer noch ihre Masken nicht abgetragen haben. Und natürlich, sie haben ihre Biographien, vollgespickt mit Verletzungen, Enttäuschungen, gelebtem und ungelebtem Leben. Zwar werden sie immer offener miteinander sprechen (sprechen!), aber sie werden immer wieder die Schere im Kopf walten lassen, weil sie es nicht anders können, im jetzigen Stadium zumindest. Nähe macht ihr vor allem Angst, denn Nähe bedeutet auch Kontrollverlust. Wer jedoch Nähe zulässt, muss sich auf einen Prozess einlassen mit ungeahntem Ausgang, Scheitern eingeschlossen. Und das kann Angst machen, zumal wenn man glaubt, dabei vieles zu verlieren an Gewohntem, Eingeübtem.

Ich werde die Geschichte fortführen im Bewusstsein, dass beide noch viel leisten müssen, wenn sie sich näher begegnen wollen - mental, emotional und körperlich. Mut, Offenheit und vor allem der Wille, sich auf etwas Neues einzulassen, das sind die unabdingbaren Voraussetzungen, um so etwas wie eine Beziehung überhaupt zuzulassen. Ich bin gespannt, wohin mich meine Sätze treiben werden.

Gute-Nacht-Lied

Freitag, 4. November 2011

2. Lebenshälfte

Randnotiz:

Wie lässt sich ein Leben ab der 2. Lebenshälfte wenn nicht umkrempeln, so doch in andere Bahnen lenken? Wie weit ist man bereit, eine Person in sein bisheriges Leben zuzulassen, mit ihr etwas aufzubauen, Neues auszuprobieren, Risiken einzugehen etc.? Das sog. allein sein birgt, bei allen Nachteilen, auch Vorteile, mit der Zeit beginnt man gar, jenes Leben wenn nicht zu lieben, so doch zu schätzen. Der sog. Neuanfang ist ein Projekt mit ungeahntem Ausgang.

Hände, die sich berühren (VI)

Später kam eine sms: bin müde, aber glücklich. Exakt vier Worte, die im Grunde der Dinge alles erklären, was es zu erklären gibt. Nun liegt es an ihm, diese schlichten und doch fundamentalen vier Worte aufzunehmen und ebenso poetisch weiterzuführen und, natürlich, in entsprechende Taten umzusetzen.

Donnerstag, 3. November 2011

Hände, die sich berühren (V)

Sie haben ein gemeinsames Zeitfenster gefunden und gehen zusammen entlang eines Waldbaches spazieren. Es dunkelt bereits ein. Sie sprechen über alles Mögliche, dann und wann auch über sich, aber sie tun dies in allgemeiner Form, also immer abstrakt und nicht individuell-konkret. Beide spüren, dass sie sich gegenseitig beschnuppern und tun doch so, als gehe es hier um eine Talkrunde, um eine lockere Kaffee- und Kuchenrunde, bei der sie dabei bloss eine beobachtende Rolle einnehmen. Als es ganz eindunkelt, wagt er es, sie sanft bei der Hand zu nehmen, was sie, für einen Moment, mit Wohlwollen quittiert und sich leicht an ihn schmiegt. Nun schweigen sie und gehen zügigen Schrittes weiter.

Später beim Italiener führen sie ihre Diskussionen fort und schauen sich jeweils nur kurz tief in die Augen. Beide, so scheint es, haben Angst, vom anderen ertappt zu werden, doch ertappt wobei? Dass sie sich mögen? Und doch wagen sie es nicht, es zu zeigen, höchstens ansatzweise, dann aber schlägt die Distanz zwischen ihnen umso wuchtiger zu.

Noch später, als er sie zu sich nach Hause einlädt, damit sie bei ihm übernachten kann (die Züge fuhren längst nicht mehr), sprechen sie weiter und weiter. Das Gästezimmer ist bereitgestellt. Er wagt es nicht, sich ihr anzunähern, so sehr er sich auch eine gemeiname Nacht mit ihr wünscht.

Später wird er erfahren, dass sein Wunsch auf Gegenseitigkeit beruht hätte.