Sonntag, 30. September 2012

Sonntags um halbzehn


Und wenn Sonntags
0920 Uhr
die Kirchenglocken zu läuten beginnen-
zuerst Piano, dann Forte-
scheint die Wellt noch in Ordnung zu sein
offensichtlich auch für solche,
die keine Kirchgänger sind.
Und nachdem sie wieder schweigen:
tief durchatmen
und den Duft des Herbstes inhalieren.

Samstag, 29. September 2012

Mein heutiges Gute-Nacht-Lied

Nach drei Stunden Puccini braucht es ein wohlig-einfaches Gegengewicht. Und was für eines!

Samstagabend

Zurück aus zürich. Opernhaus (Tosca) mit anschl. feucht-fröhlicher runde in der kronenhalle. Das leben kann schön sein. Und nun bin ich im zug und fahre nach hause. Aus dem zugfenster grüsst mich die dunkle nacht des herbstes. Ich sitze im familienwagen und spüre nach. Und im ohr sitzt immer noch tosca, traurig und untröstlich.

Als Frau....

bevorzugte ich Männer,


  • die mir Gedichte schreiben über meinen Gang, meine Hände und mein Flötenspiel. 
  • die auch mal schweigen können, vor allem dann, wenn alle anderen glauben, ihren Senf dazugeben zu müssen
  • die lesen können - lesen in einem breit verstandenen Sinn gemeint
  • die nicht lachen müssen, nur weil all die anderen auch lachen
  • die vor allem mehr lächeln und weniger lachen
  • die Schweigen nicht per se mit Peinlichkeit verwechseln
  • die ein Gespräch führen können, das mehr beinhaltet als Sport und Klatsch
  • mit Humor und der Fähigkeit zur Selbstironie
  • die Galanterie nicht mit Allüren verwechseln
  • die sich auf andere, namentlich auf ihre Meinungen und ihre Kultur, einlassen können
  • die zu ihrem Standpunkt stehen und dennoch bereit sind, diesen kritisch zu überprüfen
  • die meine Grenzen akzeptieren und diese nur dann überschreiten, wenn sie intuitiv wissen, dass ich dies gerade wünsche
  • die auf dem Spielplatz mit Kindern den Clown spielen, ohne sich bei ihnen anbiedern zu müssen
  • die im Regen tanzen, wenn es gerade passt
  • die Luxus nicht mit materiellem Wohlstand verwechseln
  • die wissen, was Kunst und Literatur ist
  • die einen guten Tropfen Wein zu schätzen wissen
  • die Weinen nicht mit Schwäche verwechseln
  • die sich mit dem Sterben und dem Tod auseinandersetzen
  • die zu ihren Emotionen stehen und diese auch zum Ausdruck bringen können
  • die sich nicht hinter Parolen und Phrasendrescherei verstecken müssen
  • die tanzen können - wie auch immer!
  • ....., 
  • .....

lachte ich über Männer,

  • die nicht wissen, wie man einem Kleinkind die Windeln wechselt
  • die glaubten, mich mit ihrem grossen Wagen und Motorrad -als unfreiwillige Chiffre ihrer Impotenz- beeindrucken zu können
  • die keine Märchen kennen
  • die sich nicht verkleiden
  • die keine Baumhütten bauen
  • die eifersüchtig sind und glauben, mich überwachen zu müssen (pfui Teufel!)
  • die einen Kontrollzwang haben
  • die Vitamintabletten zu sich nehmen
  • die eine Waschmaschine nicht bedienen können
  • die den Regenschirm immer bei sich tragen (man könnte ja nass werden!)
  • die ab dem ersten Novemberlüftchen Handschuhe tragen (die zarten Händchen!)
  • die mit einem Kleinkrämergeist ausgestattet sind
  • die Aldi-Aktionen nachlaufen
  • ....
  • ....

Und ich würde mich vor Rosenkavalieren in acht nehmen, genauer: ich würde sie nicht ernst nehmen. Und nicht zuletzt müsste jeder Mann, der sich auf mich einlassen möchte, eine Reifeprüfung ablegen, die auch darin bestünde, ordentlich bügeln, waschen und kochen zu können - einschliesslich des Saubermachens der Küche.

Und dann müsste er mir ein Lied, das ich bestimme, vorsingen und
aus einem Buch, das ich aufschlage, vorlesen.

Liste unvollständig und daher zu ergänzen!!

Freitag, 28. September 2012

Im Konkubinat

Der Gründer der christlichen Kirchen, Herr Jesus Christus von Nazareth, hatte also (tatsächlich) eine Gefährtin, wie uns ein Papyrusfragment in koptischer Sprache nahelegt. Dies jedenfalls die Schlussfolgerung eines renommierten katholischen Theologen. Nun ja, der Sohn Gottes ist ganz Mensch geworden, von daher ist es naheliegend, dass auch er -natürlich auch er!- die Liebe sehr wohl auch als sinnlich und erotisch empfand - und diese auch so auslebte. Und dabei sei er nicht verheiratet gewesen: Jesus als im Konkubinat lebend! Ob das Paar auch Kinder hatte? Ganz ausschliessen können wir das nicht und sollten wir auch nicht: Jesus liebte nachweislich Kinder. Warum sollte er selber keine eigenen gehabt haben?
Wie hiess es im kirchlichen Unterricht? Sei wie Gott - werde Mensch.
Ganz Mensch.

Mittwoch, 26. September 2012

Welke Blätter (ja, der Herbst)


Du, ich wollt, Du würdest Dich erinnern, 
aneinander hab'n wir uns gefreut, 
so lebendig war das Leben schöner, 
und die Sonne wärmte mehr als heut'. 
Und jetzt harkt der Wind die welken Blätter, 
Siehst, nichts vergaß ich, nicht die helle Zeit. 
Und jetzt harkt der Wind die welken Blätter, 
- weg damit und all mein Herzeleid 
In des Vergessens kalte Nacht, 
hat's nun der Nordwind fortgebracht. 
Vergessen hab ich, was uns damals schied. 
Doch schau, ich weiß noch Dein Lied: 

Ja, dieses Lied war wie wir beide, 
paßte so gut auf Dich, auf mich, 
und ohne alles Liebesgeleide, 
liebten wir uns, Du mich, ich Dich. 
Doch das Leben trennt, die sich lieben, 
so verlor ich, was ich fand, 
und so laufen wir auseinander, 
und das Meer leckt die Spuren weg im Sand 

Ja der Wind, er harkt die welken Blätter, 
und mit dem Vergessen stribt das Leid, 
Und mein Herz, es weint nicht - unterdessen 
lächelt es dem Leben Dankbarkeit. 
Ja mein Lieb, ich liebte Dich vor Zeiten, 
Deine Süße hat mein Herz erfreut, 
Heftig waren Deine Zärtlichkeiten, 
und die Sonne wärmte mehr als heut. 
Das ist nun aus, aus und vorbei, 
kein Leid und keine Liebelei, 
Ach hin ist hin - doch was mir blieb, 
das bleibt mir immer, immerzu Dein Lied 

Ja, dieses Lied war wie wir beide, 
paßte so gut auf Dich, auf mich, 
und ohne alles Liebesgeleide, 
liebten wir uns, Du mich, ich Dich. 
Doch das Leben trennt, die sich lieben, 
so verlor ich, was ich fand, 
und so laufen wir auseinander, 
und das Meer leckt die Spuren weg im Sand

Wolf Biermann

Einsamkeit

Notiert:
In der Einsamkeit finde ich den Menschen. In den Massen kann ich ihn nicht mehr finden. Es gibt Einzelgänger, die wirklich isoliert sind, und es gibt Pseudo-Einsame. Die wirklichen Einzelgänger sind in ständigem, mystischem oder realem Kontakt mit dem Universum.
Ionesco

Dienstag, 25. September 2012

Die kostenlose Umarmung




















Erst kürzlich waren sie wieder einmal hier, die Aktivistinnen und Aktivsten der Bewegung *Free Hugs", sprich der "kostenlosen Umarmung". Sie sind in allen grossen Städten dieser Welt anzutreffen und stehen mit einem auffälligen Plakat gut sichtbar an einer stark frequentierten Ecke der Stadt. Ich beobachte mit Interesse die Szene. Viele Passanten/innen ziehen scheinbar unbeteiligt vorbei, wenige bleiben stehen und zögern, und noch weniger gehen spontan auf die "kostenlosen Umarmer/innen" zu und nehmen das Angebot an.

Sind wir in einer derart gefühlskalten und anonymen Welt, dass es solcher Aktionen bedarf? Was empfinden die Menschen, die sich derart umarmen lassen? Geniessen sie den jeweiligen Augenblick und ziehen alsbald zufrieden von dannen? Und jene, die "kostenlos umarmen"? Fühlen sie sich als Missionare - oder "Überzeugungstäter/innen", die etwas gegen die "soziale Kälte" unternehmen wollen, und sei es bloss - oder immerhin? - eine Umarmung?

Diese und weitere Fragen werde ich bei nächster Gelegenheit den "Umarmern" und "Umgearmten" stellen. Ob ich vom Angebot allerdings Gebrauch machen werde, steht indes auf einem ganz anderen Blatt. Gänzlich will ich es nicht ausschliessen. Weil es ja u.U. gut tun kann, einfach so eine Umarmung, mitten in der Stadt, mittags um 12 Uhr, kurz vor dem Mittagessen.

PS
Wird es bald kostenlose Küsser und Küsserinnen geben, mithin als logische Fortsetzung der Gratis-Umarmung? Ich bin gespannt. 

Montag, 24. September 2012

Das Geheimnis der Liebe...

Das Geheimnis der Liebe ist grösser als das Geheimnis des Todes, singt Nicola Beller Carbone als Salome in der gleichnamigen Oper von Richard Strauss am Opernhaus Zürich.

Ich habe Deinen Mund geküsst, Jochanaan! singt sie verzweifelt in ihrem grossartigen Schlussmonolog. Und hält den abgeschlagenen Kopf Jochanaans zwischen den Händen als letzter, verzweifelter Akt, Liebe und Zuneigung zu erfahren.

Ich liebe nur dich… Ich dürste nach deiner Schönheit! Ich hungre nach deinem Leib; nicht Wein noch Äpfel können mein Verlangen stillen. Was soll ich jetzt tun, Jochanaan? Nicht die Fluten, noch die grossen Wasser können dies brünstige Begehren löschen. Ich war eine Fürstin, und du verachtetest mich, eine Jungfrau, und du nahmst mir meine Keuschheit. Ich war rein und züchtig, und du hast Feuer in meine Adern gegossen… Ah! Ah! Warum sahst du mich nicht an? Hättest du mich angesehen, du hättest mich geliebt. Ich weiß es wohl, du hättest mich geliebt, und das Geheimnis der Liebe ist größer als das Geheimnis des Todes.

Hat Salome auch etwas mit uns zu tun, und sei es nur als Hauch eines vorbeirauschenden Augenblicks? 

Sonntag, 23. September 2012

Bald bei L.E.O.

Nein, ich bin nicht depressiv, liebe schwarze Katze.
Nur etwas mit Schwermut beladen (ja ja, der Herbst).
Und ich bin etwas beschwipst (der spanische Wein!).
Und singe laut und mit Inbrunst (die Nachbarn bekommen nichts mit).
Die Tochter ist hellwach und findet es amüsant (Papa, Du bist ein lustiger Kerl)
und tanzt
und spiet.
Und im Oktober
irgendwann
sind wir bei L.E.O.
Und werden uns göttlich amüsieren.

Die Rutschfallen

















Die fallenden und oftmals nassen Blätter bleiben am Boden des Gehsteigs haften.
Braun-gelblich liegen sie vor uns und lassen uns beinahe stürzen,
falls man achtlos über sie schlendert.
Die Rutschfallen erinnern uns immer wieder an das sanfte Sterben,
an Vergänglichkeit und Tod.

Freitag, 21. September 2012

Es stirbt nur dein Werden

Aufgeschnappt bei Wecker:

Wenn du stirbst, stirbt nur dein Werden. Gönn ihm keinen Blick zurück.
In der Zeit muss alles sterben, aber nichts im Augenblick.

zu unterstreichen: ....aber nichts im Augenblick

Donnerstag, 20. September 2012

Weil es so ist, wie es ist

Für dich - den Text wirst du nicht verstehen, und doch wirst du dessen Worte in dein Herz schliessen.

Mittwoch, 19. September 2012

Sich arrangieren













Ich kenne nicht wenige, die sich mit ihrem Leben "arrangieren". Sie "managen" ihre Beziehung und halten sich dabei für "sehr realistisch": das Leben sei halt so. Ich frage mich jeweils, wie lange sie einen solchen Zustand "durchziehen" wollen - und zu welchem Preis. 

Erzkatholisch und so furchtbar korrekt

Statusmeldung für heute Morgen halbacht nach der Zeitungslektüre und dem Hören der Frühnachrichten:

Irgendwie geht mir  in letzter Zeit dieses penetrante Zelebrieren von politischer Korrektheit auf den Wecker. Die Tugendwächter -unsere Tugendwächter!- melden sich in letzter Zeit vermehrt und mit aufgeschwellter Brust und klugem Gesicht zu Wort. Dabei müsste nur gesagt werden: Mist bleibt Mist. Weshalb dann die Hysterie unserer politischen Behörden? Mist stinkt, das genügt vollends als Argument.


Hätten Sie nicht irgendein Image für mich, 
irgendsowas, was man vor sich hertragen kann? 
Ich schäm mich im Moment ganz fürchterlich -
den andern sieht man´s auch auf den ersten Blick an,
daß sie sich ständig mit was Großem abgeben 
und nicht, wie der Rest der Welt, im Kleingeist ersticken. 
Schließlich erkennt man die, die richtig leben, 
an der richtigen Kleidung und dem richtigen Blick.

Ach, wir sind doch alle so erzkatholisch, 
egal, wie frei und links wir uns geben,
ständig wolln wir unser Gewissen beruhigen, 
uns vor allem ins richtige Bett reinlegen,
ständig wolln wir zeigen, wie sozial wir sind, 
und wie edel, hilfreich und gut, 
ständig wolln wir zeigen, wie mutig wir sind, 
nur leider fehlt uns dazu ständig der Mut.

Hätten Sie vielleicht noch ein Abzeichen frei, 
einen Trachtenjankerl oder´n Jutekleid, 
irgendeine im Moment grade schicke Partei, 
aber bitte: im Namen der Gerechtigkeit. 
Vor allem aber muß es modern und liberal sein, 
auch konservativ, nur es darf nicht banal sein, 
dieses Mäntelchen, um das wir uns so drängen, 
um es dann gemeinsam in den Wind zu hängen.

Ach, wir sind doch alle so erzkatholisch, 
egal, wie frei und links wir uns geben,
ständig wolln wir unser Gewissen beruhigen,
uns vor allem ins richtige Bett reinlegen, 
ständig wolln wir zeigen, wie sozial wir sind, 
und wie edel, hilfreich und gut -
ach, da lob ich mir die ungeschliffene, unausgegorene, 
dreckige Wut!

Dienstag, 18. September 2012

Summer Rain

Weil es zu meiner aktuellen Stimmung (aber nicht nur deswegen) passt....bei strömendem Regen vor meinem Fenster.

Gleichgültigkeit

Es gibt Momente, da ist mir faktisch alles (mit Ausnahme meiner Tochter) egal. Da kann mich nichts mehr ärgern. Nicht mal eine hohe Rechnung, die ins Haus flattert, haut mich dann um. So war das auch heute nach einem Telefonat in geschäftlichem Zusammenhang, dessen Inhalt nicht gerade der Hit war. Aber trotzdem war es mir unendlich gleichgültig.

Vielleicht hat es etwas mit Resignation zu tun, ich möchte es nicht gänzlich ausschliessen.
Oder dann mit Abgeklärtheit im Sinne von "Ruhe bewahren", "Haltung zeigen".
Ich nehme es aktuell einfach mal so zur Kenntnis, ohne es kategorisieren zu wollen. 

Erinnerungen

Ich stelle mir vor:

Manchmal
kommt ihm sein Kinderzimmer in den Sinn
er sieht es genau vor sich
und weiss sogar
in welcher Schublade er was verstaute.

Manchmal
ist Erinnerung blosse Last.
Beinahe jede Strassenecke
könnte erzählen
wie es war
damals
als er noch ein kleiner Bengel
oder
ein emotional überdrehter Jugendlicher war.

Was schön sein kann
Erinnerungen!
kann auch belasten und besetzen
und daran erinnern,
wie es hätte sein können.

Vielleicht deshalb
die Sehnsucht
nach Gegenwart
purer Gegenwart.
Den Baum auf dem Hügel sehen
und dabei an nichts denken müssen
und auch nicht daran
wie es damals war
als der Baum noch klein war
und sich daran machte
zu wachsen.

Geschichte lässt sich nicht
entsorgen.
Aber vielleicht
dann und  wann
in den Kühler stellen.

Sonntag, 16. September 2012

Alltagsglück


Warum nicht schöne Momente einfach als solche einer geglückten, auf Gegenseitigkeit beruhenden
Gegenwart wahrnehmen und diese nicht immer bewerten/systematisieren wollen im Hinblick auf eine "Zukunft", die ohnehin im Nebulösen stochern muss? Jene, die über die Fähigkeit verfügen, diese Momente als Geschenk und nicht als "Verpflichtung" zu akzeptieren, berühren so etwas wie Alltagsglück.

Freitag, 14. September 2012

Wie weit darf denn Satire gehen?

Sprechen wir doch nochmals über Satire, Polemik und Meinungsäusserungsfreiheit. Den empörten Ruf, ein dummes Filmchen zu verbieten, höre ich. Was alles wollen wir sonst noch verbieten? Hier eine kleine Auswahl an nicht gerade feiner (antikatholischer) Satire. Ich frage: soll das jetzt auch auf den Index wie anno dazumal?



Ganz schön deftig, nicht?

Ostern vorbei? Komm auch du zur Katholischen Kirche, wir haben das ganze Jahr dicke Eier. Immer ein Platz frei im Priesterseminar



















relief that truth is out at last


Im Biergarten

Das Bier schmeckt vorzüglich, vor allem der erste Schluck. Wärmender Platz unter Eichen, deren Blätter sich behutsam verfärben. Feierabend, die Einkäufe sind bereits getätigt. Ich vermisse kaum jemand, und ich will nicht darüber reflektieren, ob mich dies freuen oder beunruhigen soll.

Donnerstag, 13. September 2012

Achtung Satire: der Prophet liebt auch das Frivole

Ein Filmchen auf youtoube erregt in islamischen Staaten die Gemüter. Wütende Mengen ziehen vor die US-Botschaft und skandieren Parolen des Hasses, plündern und töten. Der dünne und anspruchslose Streifen nimmt eine Weltreligion bzw. deren Prophet aufs Korn, provoziert und polemisiert.

Satire soll bis zur Schmerzgrenze provozieren dürfen und dabei ein befreiendes Gelächter ermöglichen, um nicht zuletzt damit eine Grundsatzdiskussion über individuelle und kollektive Werte zu ermöglichen. Je mehr sich ein Mensch bzw. eine Gesellschaft von Satire provozieren lässt, umso mehr dürfte die angegriffene Satire Wahrheitselemete in sich tragen.

Natürlich, es gibt auch schlechte bzw. als Satire getarnte Feuersalven, die nur darauf ausgerichtet sind, zu beleidigen und zu verletzen. Doch auch dann muss die Meinungsäusserungsfreiheit greifen, die freilich ihre Grenzen haben muss - zu denken ist an jene Polemik, die darauf hinausläuft, ein ganzes Volk systematisch in seiner Würde erniedrigen zu wollen, ja ihm das Existenzrecht schlechthin abspricht (so exemplarisch in "Jud Süss", jenem nationalsozialistischen Machwerk).

Doch beim hier in Frage kommenden Filmchen greift dieses Argument nicht: vielmehr wird hier eine Religion (und nicht ein Volk) aufs Korn genommen, so wie dies auch das Judentum oder das Christentum dann und wann ertragen muss. Wer erinnert sich nicht etwa an Monty Python?

Wer über eine gefestigte Identität verfügt und weiss, wo er steht - als Mensch und/oder als Kollektiv - erträgt Satire, mehr noch: er begegnet ihr mit einem Lächeln, setzt sich mit ihr in selbstkritischer Weise auseinander und sucht die argumentative Auseinandersetzung.
Wer, umgekehrt, auf Satire mit zerstörerischem Hass reagiert, ist schwach, fanatisch und damit unfähig, sich einer rationalen Auseinandersetzung zu stellen.
Oder ganz schlicht gesagt: Satire und Polemik gehören zu einer aufgeklärten und freiheitlichen Gesellschaft.

Eines dürfte auch klar sein: das dünne Filmchen gibt jenen Kräften in den islamischen Staaten Auftrieb, die sich gegen jegliche Liberalisierung auflehnen und das Rad der gesellschaftlichen Entwicklung zurückdrehen wollen. Ein wahrlich gefundenes Fressen! Die Folgen wird namentlich die christliche Minderheit zu tragen haben. 

Mittwoch, 12. September 2012

Distanz


Ich stelle mir vor:
Er sprach von Distanz, ehe Nähe überhaupt Raum einnehmen konnte. Mit angezogener Handbremse ist Entwicklung nur schwerlich möglich. Er weiss es genau, und doch....dreht er doch bloss immer wieder seine Nullrunden und fängt dabei stets wieder von Vorne an.

Ich leckte manchem Lump die Wunden
Und half schon manchem Mistvieh auf
Tja, wer ins Bett geht mit den Hunden
- der steht mit Flöhen wieder auf
Hab Schweinen Bären aufgebunden
Gott und die Welt - ein Spottgedicht
Ich brachte Tote schon zum Lachen
Und zerrte manchen Wurm ans Licht
Ich kann 'ner Laus wohl Stelzen machen
- mir selber helfen kann ich nicht

Wolf Biermann

Dienstag, 11. September 2012

Bunte Seifenblasen


















Heute Abend vor dem Eindunkeln habe ich mit meiner Tochter Seifenblasen gepustet. Die einen lebten bloss einige Sekunden lang, andere bedeutend länger. Die einen suchten sich ihren Weg nach links, andere nach rechts oder verirrten sich gnadenlos Richtung Boden, um alsbald zu platzen.

Blau schimmernde....mit und ohne Rotstich, grosse sowie kleine, die sich manchmal zu Kolonien zusammentun, und einige einsame, grosse Blasen, die stolz so tun, als würden sie gleich die grauen Wolken berühren wollen.

Unbeschwerte, bunte Welt voller Illusionen.

Montag, 10. September 2012

Vor dem Einschlafen

Aufgeschnappt bei Wilhelm Genazino:
Einsamkeit ist normal; nur ihr plötzliches Eintreten ist so widerlich

Sonntag, 9. September 2012

Anna Ternheim (einmal mehr)

Sonntagabend - ein Glas Rotwein und Anna Ternheim

Nirgendwo und überall


Der Lebenslauf ist unergründlich
auf stetem Steigen folgt der Fall;
der Lebenssinn ist unbegreiflich
ist nirgendwo und überall.

An diesem gewöhnlichen Sonntagnachmittag

Was ich heute Nachmittag tun werde

Die Jagd

Die Jagd nach dem ultimativen Augenblick kann jene banale Zeit, die sie dabei salopp beiseite wischt, nicht verdrängen. Anders gesagt: man kann die Berauschung des soeben bezwungenen Gipfels nicht immer in sich tragen - der Abstieg ins Mittelland wird irgendeinmal doch zu erfolgen haben. Und trotz allem sind magische Momente lodernder Flammen ewige Momente, denen man nachspringt wie junge Hunde. Und doch: die Sehnsucht unausgesprochene Suche nach dem ruhigen Kaminfeuer, das man hegen und pflegen muss, lässt sich nicht verleugnen.

Nachtrag

Magische Momente sind das Eine.
Doch nur wenige vermögen das Reich der Erinnerung zu besetzen.
Sie bleiben dann haften,
hartnäckig,
unnachgiebig
und doch voller Wonne.
Auch wenn sie es nicht tun sollten.
Es ist ihnen egal.
Dies wollte ich dir, Rheinufer, noch zuflüstern.
Nur dir.

Freitag, 7. September 2012

Liebe könnte sein...

Notiert im Biergarten bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen:

Liebe besteht nicht zuletzt darin, seinem Gegenüber Wege aufzuzeigen, sich aus seinem inneren Gefängnis zu befreien, damit er Flügel bekommt und sich entfalten kann. So könnte man auch Beethovens Fidelio interpretieren: das Gefängnis als Sinnbild innerer Zwänge und Mauern, die allein durch Liebe zu überwinden sind. 

Donnerstag, 6. September 2012

Vorwegnahme des Wochenendes


Vorwegnahme eines Wochenendes.
Zum Beispiel
Freitagnachmittag: Wäsche erledigen
einkaufen
abends schnell in die Stadt
Kneipe (Männergespräche),
später Besuch (wie vereinbart)
unruhige Nacht

Samstagmorgen: ----
mittags etwas kochen bei Smalltalk
nachmittags am Baden (schwimmen im See)
oder
kurze Wanderung - Smalltalk inbegriffen.
Abends bitte kein gemeinsames Kochen (zu intim).
unruhige Nacht

Sonntagmorgen: ---- (Wiederholung des Samstagmorgens)
Besorgung frischer Brötchen (rituelle Handlung)
Mittags: wieder allein - Sonntagslektüre, Ruhe.
Nachmittags: offen (vermutlich Schwimmen/nicht im See)
abends kochen - allein (nicht mit Einsamkeit zu verwechseln) und
mit Mozart im Kopf
ruhige Nacht -
und dann
guten Morgen Montag.

Blosse Existenz

Es gibt Tage, da existiere ich einfach bloss. Ich empfinde dabei sehr wohl Freude, gehe joggen, treffe mich mit Leuten oder besuche ein Konzert. Aber dennoch bleibt mein Empfinden auf kleiner Flamme, ich bin emotional passiv und beobachte das Geschehen aus der Perspektive eines letztlich Unbeteiligten. Einzig Musik kann mich noch erreichen und damit berühren - und selbstredend meine Tochter. Alles andere jedoch bleibt auf seltsamer Weise an der Oberfläche, will nicht haften bleiben. In solchen Momenten wird mir bewusst, dass ich phasenweise einfach nur existieren will, ohne dieses oder jenes erläutern oder rechtfertigen zu müssen. Das Leben einer Pflanze kann auch seine Reize haben. 

Dienstag, 4. September 2012

Fidelio

Wer zur Liebe fähig ist, ist fähig zum Hass.
Fidelio in der gleichnamigen einzigen Oper von Beethoven kennt dies nicht.
Es gibt für sie nur die eine reine Liebe.
Keinen Hass, keine Rache.
Fidelio bleibt für mich, vorerst zumindest, eine Kunstfigur.
Oder gar ein Übermensch. 

Sonntag, 2. September 2012

Von Erinnerungen und Wellen (@ Morgenrot)


Keine Erinnerung ist besser als das Erleben. 
Wer in Erinnerungen lebt, ist nicht lebendig. 
Dann lieber Wellen, plätschernd oder stürmisch, aber stets in Bewegung. 
Morgenrot

Das hiesse also: Erleben ohne Erinnerung.
Lebendig sein = erinnerungsfrei sein.
Ich empfinde dies anders. Denn jedes Erleben wird im Lichte von Erinnerungen durchlebt. Wir können nicht so tun, als seien wir erinnerungsfreie Wesen - zum Glück oder zum Unglück, je nach dem, wie man dies bewerten bzw. empfinden will oder kann. Jede Bewegung erinnert sich an die vorhergehende, so wie jede Berührung, jedes Geräusch, jeder Geruch, ja das ganze Leben aus der Perspektive der Erinnerung wahrgenommen wird. Plätze sind emotional und damit von Erinnerungen besetzt, Strassen auch, Städte, ganze Landschaften, Bücher, Musik.... es kommt auf uns an, wie wir damit umgehen.

Jede noch so hohe Welle wird diese Tatsache nicht wegspülen können.
Ich jedenfalls kann es nicht. Kannst Du das wirklich, Morgenrot?
Oder ist es (trotziges?) Wunschdenken?